Vor 95 Jahren: Kriegsjahr 1918
Aus der Chronik der Bürgermeisterei Ederen (1918):
"Am 3. März 1918 ist der Frieden mit Rußland zu Brest-Litowsk geschlossen worden.
Im März und April 1918 wurde die VIII. Kriegsanleihe aufgelegt. Die Zeichnungen im Orte Ederen betrugen 55.600 Mark, außerdem zeichneten die Schulkinder 4.927,- Mark.
Dem ersten Frieden folgte am 7. Mai 1918 der Zweite mit Rumänien in Bukarest.
Die Heeresverwaltung ließ von Juni bis einschl. September 1918 Laub sammeln, um damit das Futter der Pferde an der Front aufzubessern. Wenn die Witterung es erlaubte, wurde an drei Tagen in der Woche von den Schulkindern Laub gesammelt. Das Frischlaub wurde im Schatten getrocknet. Das fertige Laubheu wurde in Papierballen versackt und alsdann per Bahn an die Front gesandt. Von den Schulkindern in Ederen und Gereonsweiler sind 350 Zentner Laubheu abgeliefert worden.
Auch sammelten die Schulkinder während des Sommers 1918 mehrere Zentner Brennessel, welche zur Gewinnung von Leinenstoffen Verwendung finden sollten; außerdem sammelten die Kinder noch Obstkerne, welche zur Ölgewinnung verwendet wurden.
Im Oktober 1918 erfolgte die Auflage der IX. Kriegsanleihe, auf diese Kriegsanleihe zeichneten die Kinder insgesamt 954,- Mark.
Im Oktober und November 1918 herrschte im ganzen Lande eine ansteckende Krankheit, die Grippe. Meistens war diese Krankheit mit Lungenentzündung verbunden, welche schon nach wenigen Tagen den Tod herbeiführte. Hauptsächlich wurden nur jüngere Leute von dieser Krankheit ergriffen. Auch trat diese Krankheit stark unter den Schulkindern auf, sodaß mehrere Wochen lang der Unterricht ganz ausfallen mußte. Durch die Entbehrungen des Krieges war die Bevölkerung für die Krankheit mehr empfänglich und unwiderstandsfähig. Infolgedessen hatten wir auch in der hiesigen Bürgermeisterei mehrere Todesfälle zu beklagen; in einem Hause in Ederen (Andreas Heck) starben 3 Personen hintereinander an dieser Krankheit.
Ende Oktober richtete der Reichskanzler, Prinz Max von Baden, an Amerika die Bitte, den Waffenstillstand zu vermitteln.
Am 8. November 1918 entschloß sich Kaiser Wilhelm II. dem Thron zu entsagen, auch verzichtete der Kronprinz Wilhelm auf die Thronfolge. Am selben Tage wurde in Berlin die Republik ausgerufen.
Am 11. November 1918 wurde der Waffenstillstand auf 30 Tage abgeschlossen. Die deutschen Truppen müssen sich auf die rechte Rheinseite zurückziehen. Die Soldaten, die auf der linken Rheinseite beheimatet sind, wurden in die Heimat entlassen.
Am 20. November 1918. In fast allen Orten haben sich Arbeiter- und Soldatenräte gebildet, auch in den Orten Ederen und Gereonsweiler ist ein Arbeiter- und Bauernrat.
Am 19. November 1918 bezogen die ersten deutschen Truppen auf ihrem Rückmarsche hier Quartier und folgten alsdann täglich neue Truppen. Während des Durchzuges der Truppen hatten die Bewohner geflaggt. Die Soldaten machten einen guten Eindruck. Am 28. November zogen die letzten deutschen Truppen durch.
Jetzt wurden die Fahnen eingezogen und die Bewohner erwarteten nun die feindliche Einquartierung bzw. Besatzung.
Am Samstag, den 9. Dezember 1918, Vormittags 10 Uhr, trafen die ersten feindlichen Autos mit Offizieren und Soldaten hier ein, welche für die nachfolgenden Truppen Quartier machten. Nachmittags um 2 Uhr rückten alsdann die ersten feindlichen Truppen, in Stärke von etwa 1600 Mann, in die hiesige Bürgermeisterei ein. Es sind belgische Truppen. Da letztere ein feindliches Verhalten der Einwohner befürchten, wird der Befehl erlassen, daß sämtliche Waffen auf dem Bürgermeisteramte abzuliefern sind. Der Post- und Eisenbahnverkehr ruht, auch ist der Telefon- und Telegraphenverkehr für die Bevölkerung verboten. Die Post sowie die Bahnhöfe wurden von den Truppen besetzt.
Für alle Bewohner wurde der Paßzwang eingeführt, jeder muß im Besitze eines Personalausweises mit Lichtbild sein, auch muß in jedem Hause an der Haustür ein Personenverzeichnis angebracht sein.
In dem großen Weltkriege, welcher vom 1. August 1914 bis 10. November 1918 dauerte, haben von den zum Kriegsdienste einberufenen Söhnen der hiesigen Bürgermeisterei 48 ihr Leben für Heimat und Vaterland geopfert. Von den gefallenen Kriegern hatten 23 ihren Wohnsitz in Ederen und 25 in Gereonsweiler."
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