Die ehemalige Jülicher Kreisbahn und der Bahnhof Ederen
Der Bahnhof Ederen war Teil der etwa 15 km langen Bahnstrecke Jülich-Puffendorf und seit dem 1. Juli 1911 in Betrieb. Der Bahnhof wurde 2001 endgültig aufgelöst, nachdem er schon mehrere Jahre außer Betrieb war.
Die Anfänge
Nach Eröffnung der Bahnstrecke Jülich-Düren im Jahr 1873 befand sich Jülich im Bahnfieber und ein paar Jahre später wurden weitere Begehrlichkeiten geweckt. Die Jülicher Papierfabrik Schleipen & Erkens wandte sich Anfang des 20. Jahrhunderts an die Stadt Jülich, doch für einen Anschluss an den seit 1882 bestehenden Staatsbahnhof Kirchberg zu werben.
Die Stadt reichte den Antrag an das Berliner Ministerium weiter, das am 4. Oktober 1904 tatsächlich den Bau einer Strecke von Jülich nach Puffendorf genehmigte. Nach einigen Diskussionen beauftragte die Stadt vier Jahre später die Eisenbaufirma Lenz & Co. mit dem Bau und der Planung der Strecke, die am Endbahnhof Puffendorf an die schmalspurige Geilenkirchener Kreisbahn angeschlossen werden sollte. Die Bauarbeiten gingen über das flache Land so zügig voran, dass bereits am 1. Juli 1911 ein erster Abschnitt von Kirchberg nach Puffendorf eröffnet werden konnte, der vorerst mit vier Hin- und Rückfahrten pro Tag bedient wurde.
Die Reststrecke bis nach Jülich wurde ein Jahr später fertig gestellt und die ca. 15 km lange Gesamstrecke wurde am 14. September 1912 mit einer Feier eröffnet. Die Züge hielten allerdings nicht am Staatsbahnhof Jülich, sondern am 200 Meter entfernten und neu errichteten Kreisbahnhof Jülich-Nord. Ebenfalls neu war Kirchberg-Nord, wo die Züge Anschluss an den Staatsbahnhof Kirchberg hatten.
Den bescheidenen Fahrzeugpark stellten neben verschiedenen Waggons als Hauptakteure zwei Dampfloks von Humboldt (1910/735 und 1910/736) dar. Die beiden 1910 gebauten Loks (B-Kuppler) waren bei der JKB bis 1961 bzw. 1966 im Einsatz.
Es wurden hauptsächlich Schüler und Pendler transportiert und am Bahnhof Koslar sorgte der Anschluss zu Schleipen & Erkens für reichlich Güterverkehr. Im Laufe der Zeit schwankte die Anzahl der täglichen Fahrten zwischen vier und sieben pro Tag und bei der Bevölkerung war die Strecke fortan als Kreisbahn verankert.
Die Betriebsführung der Jülicher Kreisbahn (JKB) lag bei der Westdeutschen Eisenbahngesellschaft (WEG), die auch schon die benachbarte Geilenkirchener Kreisbahn leitete.
Aufschwung nach dem 1. Weltkrieg
Während des 1. Weltkrieges (1914-1918) konnte der Betrieb der Kreisbahn, von kleinen Verkehrseinschränkungen abgesehen, weiter geführt werden. Nach dem Kriegsende konnte die Jülicher Kreisbahn einen Aufschwung verzeichnen, weil die Deutschen die von den Franzosen übernommene Staatsbahn nicht mehr akzeptierten und auf die Nebenbahnen umstiegen.
Am 1. Januar 1928 übertrug die WEG der Vereinigten Kleinbahn AG (VKA), die ebenfalls dem Lenzschen Imperium angehörte, welches die Strecke auch schon gebaut hatte, die Betriebsführung der Jülicher Kreisbahn.
Zerstörung der Bahnhöfe im 2. Weltkrieg
Fast bis zum Ende des 2.Weltkrieg (1939-1945) verlief der Jülicher Kreisbahnbetrieb ohne besondere Vorkommnisse weiter. Erst im Jahre 1944 geriet der Bahnbetrieb durch einen Luftangriff, bei dem einige Mitarbeiter getötet wurden, ins Stocken. Im Herbst des gleichen Jahres mußte der Betrieb wegen der sich nähernden Kriegsfront eingestellt werden. Die Fahrzeuge wurden bei der Kleinbahn Neheim-Hüsten in Sicherheit gebracht, so dass bis auf einen Waggon alle Fahrzeuge betriebsbereit blieben. Jedoch wurden die Bahnhöfe in Jülich, Merzenhausen, Ederen und Puffendorf vollkommen und der Bahnhof in Koslar teilweise zerstört. Die Rurbrücken zwischen Jülich und Kirchberg wurden von zurückziehenden deutschen Truppen gesprengt.
Nach dem Ende des Krieges wurde mit dem Wiederaufbau der Strecke begonnen. Bereits am 2.5.1946 war die Strecke von Kirchberg nach Puffendorf wieder befahrbar. Der Jülicher Kreisbahn fehlten jedoch die finanziellen Mittel, um die zerstörte Rurbrücke wieder aufzubauen. Abhilfe schuf erst 1948 die Währungsreform, denn jetzt war wieder frisches Geld im Verteilungstopf. Durch Zuschüsse der Landesregierung wurde der Rest der Kreisbahn instandgesetzt. Die komplette Strecke war am 27. Juni 1950 wieder komplett befahrbar. Zudem wurde das Bähnchen behutsam modernisiert: Um beim Personenverkehr flexibler zu werden, kaufte die Kleinbahn AG im März 1952 einen Triebwagen der Aachener Firma Talbot vom Typ Taunus (Fabr.-Nr.: 94821), der als VT 2 bei der JKB eingesetzt wurde. Es war der Firmenchef Richard Talbot persönlich, der das Fahrzeug von Aachen nach Jülich überführte. Dieses Fahrzeug war bis zur Einstellung des Personenverkehrs ständig bei der JKB im Einsatz. Später wurde er für längere Zeit abgestellt und wurde ab 1981 unmotorisiert als VB 1 eingestellt. 1984 wurde er grundlegend restauriert und wird seitdem manchmal von der Dürener Kreisbahn zu Sonderfahrten eingesetzt.
Aufschwung durch Rübentransporte
Die Bahn profitierte von der neuen Zugmaschine und die Fahrgastzahlen nahmen spürbar zu. Zudem wurden in Ederen (1953), Merzenhausen und Jülich neue Bahnhofsgebäude errichtet. Der Bahnhof Puffendorf, dessen Empfangsgebäude im Herbst 1944 völlig zerstört worden war, erhielt dagegen ersatzweise nur noch ein schnödes Wartehäuschen. Dafür bekam Puffendorf 1953 eine Schüttrampe für Zuckerrüben, die teilweise von der Jülicher Zuckerfabrik finanziert wurde. Die Landwirte konnten so ihre Zuckerrüben direkt zu den Abnehmern der Bahn bringen.
Der Rübentransport diente nun als Haupteinnahmequelle der Kreisbahn und sicherte vorerst ihr Überleben. Gleichzeitig verlor Puffendorf den Anschluss an den Schienenpersonenverkehr der Geilenkirchener Kreisbahn nach Alsdorf, weil der Abschnitt 1953 stillgelegt wurde. Vier Jahre danach wechselte die Kreisbahn erneut den Besitzer. Die Deutsche Eisenbahngesellschaft (DEG), damals eine der bedeutendsten Betriebsgesellschaften von Privatbahnen, übernahm die Verantwortung.
Noch einmal investierte der Betreiber in das Rübengeschäft: Eine weitere Dampflok beschaffte die Jülicher Kreisbahn im Jahr 1959. Dieser C-Kuppler von Henschel (1927/20818) war bis 1970 im Einsatz und wurde im Jahr 1972 nach Enschede (Niederlande) verkauft. In den Jahren 1960, 1964 und 1971 wurden zur schneller Verladung der Zuckerrüben Förderbänder und Hub- und Kippbühnen in den Bahnhöfen Merzenhausen, Ederen und Puffendorf angeschafft.
Umstieg auf Dieselloks
Im Jahre 1966 wurde die erste Diesellok der JKB beschafft, die die bis dahin eingesetzten Dampflokomotiven ersetzen sollte. Diese erste Diesellok (V 34 der JKB) war eine 250 kW-Maschine von MaK mit der Betriebsnummer 220079. Nachdem es an der Lok häufig zu Problemen kam, wurde diese an den Hersteller zurückgegeben. Als Ersatz wurde im Gegenzug eine Lok gleichen Typs von der MaK an die JKB geliefert. Sie hatte die Betriebsnummer 220090 und wurde als V 35 eingesetzt. Bis heute ist diese Lok bei der Rurtalbahn als V 35 im Einsatz. Nachdem die Lok bei der Jülicher Kreisbahn zuverlässig lief, wurde 1970 die letzte Dampflok der JKB abgestellt.
Bis 1973 wurden die Bahnübergänge durch Posten mit Fahnen gesichert, daraufhin richtete die Jülicher Kreisbahn zehn technisch gesicherte Bahnübergänge ein. Dennoch passierten weiterhin viele Unfälle.
Aus für den Personenverkehr
Während die Kreisbahn in den 1960er-Jahren noch wirtschaftlich gut unterwegs war, wurde ab den 1970er-Jahren das langsame Sterben eingeläutet. Während der Gütertransport noch einigermaßen florierte, sank der Personenverkehr immer mehr in die Verlustzone ab. Die DEG reagierte mit dem Aus für den Personenverkehr am 22. Mai 1971. Die Rübenzüge wurden Ende der 1970er-Jahre spärlicher und durch die weniger einträglichen Industriegütertransporte abgelöst. Der letzte Zuckerrübentransport erfolgte 1981, weil die Zuckerfabrik den Transport über die Schiene ablehnte. Danach kurvte bis 1998 nur noch die Diesellok V35 und eine Dampflok BLE 146 mit gemieteten Wagen der Bundesbahn durch das Jülicher Land, um in Puffendorf haufenweise Schrott auszuladen.
Am 1.1.1984 ging die Betriebs- und Geschäftsführung der Jülicher Kreisbahn in die Dürener Kreisbahn GmbH über. In den Jahren zwischen 1983 bis 1986 wurden durch Zuschüsse des Landes noch einmal umfangreiche Oberbauarbeiten ausgeführt. Ab 1981 führte der Eisenbahnamateur-Club Jülich bis etwa in die 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts auf der Strecke unregelmäßig Nostalgiefahrten, wie z.B. zu Nikolaus, durch.
Endgültiges Aus 1999
Der Abschnitt von Merzenhausen nach Puffendorf musste 1999 wegen mangelnder Betriebssicherheit gesperrt werden. Zwei Jahre später löste der Betreiber die Tarifpunkte Merzenhausen, Ederen und Puffendorf auf.
In den folgenden Jahren wurde die Strecke Jülich-Nord bis Puffendorf schrittweise demontiert. Der Endbahnhof Jülich-Nord wurde 2005 abgerissen und an dessen Lokschuppen ein Altenheim gebaut. In Koslar enden die Gleise an einem Discounter-Markt. In Barmen wurde immerhin die massive Bodenbrücke unter Denkmalschutz gestellt.
Das zur Dürener Kreisbahn gehörende Eisenbahn-Infrastrukturunternehmen Rurtalbahn GmbH leitete im Herbst 2007 das Stilllegungsverfahren ein. Im gleichen Jahr wurden an den Bahnübergängen die Signalanlagen entfernt. An den Haltepunkt Merzenhausen erinnert nur noch das Namensschild. Während die Natur die Gleisreste langsam zurückeroberte, wurde der ehemalige Bahnhof Puffendorf praktisch dem Erdboden gleichgemacht. Im Juni 2016 der Bahnübergang zwischen Ederen und Merzenhausen zurückgebaut und im April 2017 das Wartehäuschen am Ederener Bahnhof nach 63 Jahren abgebrochen.
Der Bahnhof Ederen
Die Gleise verlaufen aus Richtung Merzenhausen kommend mit starken Steigungen (1:50 bis 1:60) und mehreren leichten Kurven durch ein kleines Waldgebiet auf Ederen zu. Nachdem sich die Strecke über freies Feld geschlängelt hat, erreicht sie bei km 11,5 den Bahnhof Ederen. Der Bahnhof lag am südlichen Ortsrand von Ederen an der Kreisstraße nach Freialdenhoven. Ederen selbst wurde nicht von der Strecke durchquert, sondern am Rand der Bebauung umfahren.
Der Bahnhof Ederen besaß ein kleines Dienst- und Unterstellgebäude, dass im Jahre 1953 erbaut wurde, welches ich auch selbst häufig bei schlechtem Wetter beim Warten auf die Zugverbindung nach Haus Overbach bzw. Barmen genutzt habe.
Nach Stilllegung der Strecke Ende der 70er Jahre und nach dem Ende der Nutzung durch den Jülicher Eisenbahnamateur-Club in den 90er Jahren verfielen Gebäude und Gelände zusehends. Eine kurze Blütezeit erlebte das Häuschen, als die Freiwillige Feuerwehr dort einen Grillplatz anlegte. Dieser wurde aber nur sehr kurz genutzt und danach waren Gebäude und Gelände endgültig dem Verfall preisgegeben.
Ein umstürzender Baum zerstörte 2015 Teile des Giebels und des Daches und gab den Dachstuhl dem Regen preis. Die Dürener Kreisbahn (DKB) als Besitzer lies dann im April 2017 das Gebäude abreißen.
Die Gleisanlagen des Ederener Bahnhofs bestanden aus dem Streckengleis, einem Umfahrgleis und einem Stumpfgleis. An diesem Stumpfgleis befand sich eine lange betonierte Hochrampe. Seit den sechziger Jahren befand sich am Ende der Hochrampe eine fahrbare Hub-Kippbühne für die Verladung von Zuckerrüben. Neben dem Rübentransport sorgten zwei Sägewerke für gelegentliche Transporte.
Nach dem Verlassen des Bahnhofs verläuft die Strecke fast gradlinig in südwestlicher Richtung. Nach der Kreuzung mit der B 56 (nähe Abraumhalde Emil-Mayrisch) verläuft die Strecke nach einer engen Rechtskurve in Richtung Puffendorf. Im weiteren Verlauf wurde sie teilweise auf einem Damm verlegt um größere Höhendifferenzen auszugleichen (nähe Kläranlage/Windrad Setterich).
Quellen:
Gessen, Reinhard: Eisenbahnen in der Region Aachen-Düren-Heinsberg.
https://www.gessen.de/str/julpfd.html
Abruf 12. April 2017
Hoffmann, Bernd Franco: Stillgelegte Bahnstrecken im Rheinland.
Sutton Verlag
ISBN 978-3-95400-396-9
Rademacher, Guido: Ausflug zur Jülicher Kreisbahn mit Bildern von Richad Bowen, 2009
https://www.guidorademacher.de/Privatbahnen/Juelicher%20Kreisbahn/Ausflug%20zur%20Juelicher%20Kreisbahn.htm
Abruf: 12. April 2017
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