In Ederen befinden sich zwei römische Köpfe (s. Abb. 1 und 2), die bis 1980 in einer Mauer des Pfarrgartens eingemauert waren und dadurch unbeachtet blieben. Es handelt sich um den etwa lebensgroßen Kopf eines jugendlichen Mannes und den einer Frau.
Die beiden Köpfe sind nur ein einziges Mal mit einer kurzen Notiz in der Fachliteratur erwähnt worden, 1851 in den Jahrbüchern des Rheinischen Landesmuseums, Bonn. Dort wird erwähnt, dass sich in Ederen vier »Römerköpfe« befänden, von denen einer an das Bonner Museum gesandt worden sei (der Kopf auf Abb. 3), während die anderen drei »als Zierrathen am Thore des Pfarrhofes verwendet worden« seien. Einer der in Ederen verbliebenen Köpfe (Abb. 4) ist erst in jüngerer Zeit zerstört worden. Unter Pfarrer LeuchtenbergLeuchtenberg, Wilhelm wurde um 1950 der Pfarrhof-Vorplatz umgestaltet und das altersschwache Tor, in dem die Köpfe eingemauert waren, musste weichen. So wurden die beiden verbliebenen Köpfe auf Geheiß des Pfarrers in die Mauer des Pfarrgartens eingelassen (seinen Bericht finden Sie hier). Da das Pfarrhaus in den 1980er Jahren leer stand, entschied man sich, die Köpfe zu sichern und wieder aus der Mauer zu entfernen. Man nahm Kontakt zum Landesmuseum in Bonn auf und kam schließlich überein, dem Museum die beiden Köpfe als Dauerleihgabe zu überlassen und so die drei erhaltenen Stücke wieder zusammenzuführen.
Die Köpfe gehörten sicherlich zusammen - sie sind von demselben Handwerker, der eine recht individuelle Handschrift hatte, gearbeitet - und bildeten wahrscheinlich mit dem zerstörten Kopf eine größere Gruppe. Die Köpfe waren vollplastisch gearbeitet, was bei der Vorliebe der Bildhauer in Germanien für ein Relief erstaunt, und sie waren lebensgroß, was auch nicht allzu häufig vorkommt. So stellt sich die Frage nach der Bedeutung der drei Köpfe, die, da ja möglicherweise zugehörige fehlen, wohl nicht mehr befriedigend beantwortet werden kann. Man wird wohl ausschließen dürfen, dass es sich bei den Köpfen um Portraits von den Angehörigen des Kaiserhauses oder gar von Privatleuten handelt und die Deutung im Bereich der Götterdarstellungen suchen müssen. Die Aufsätze am Diadem der Göttin, die ihre Benennung präzisieren könnten, fehlen leider, aber die Kopfbedeckung des Jünglings zeigt an, dass er ein Orientale ist. Jünglinge mit Phrygermützen werden im Kult der Mithras und in dem der Kybele und des Attis dargestellt. Mithras und Attis gehören zu orientalischen Mysterienreligionen, die am Rhein relativ weit verbreitet waren. Von ihnen gibt es allerdings keine vergleichbaren Skulpturen in Germanien, so dass die endgültige Benennung der Köpfe offen bleiben muss.
Es bleibt noch übrig, zu bestimmen, wann etwa die Köpfe gearbeitet worden sind. Auffallend ist ihr »hellenistisches« Pathos, das sich in den dicht unter den Brauen liegenden Augen mit tief gebohrter Pupille und den bewegten Locken des Jünglings ausdrückt, aber erstarrt und grob erscheint. Es sind Tendenzen, die bei römischen Skulpturen in der Zeit ab 230 n. Chr. auftreten. Man wird daher die Köpfe relativ spät, wohl nicht vor dem Jahre 240 n. Chr. ansetzen dürfen.
Originalgetreue Abgüsse der ursprünglich in Ederen verbliebenen Köpfe sind in der Bürgerhalle Ederen, sowie im Rathaus Linnich zu sehen. Die drei erhaltenen Originale sind im Rheinischen Landesmuseum, Bonn, ausgestellt.
Beschreibung zu Abbildung 1
Kopf eines jungen Mannes, Sandstein. Höhe noch 30 cm. Das Gesicht ist arg bestoßen und verrieben; einzelne Locken beschädigt; Spitze der Mütze gebrochen. Das ovale, nach unten mit einem breiten Kinn endende Gesicht des jungen Mannes wird von reichen Locken gerahmt, die hinten bis in den Nacken reichten. Auf dem Kopf trägt er eine nach oben spitz endende »Zipfelmütze«. Er war unbärtig.
Dr. G. BauchhenßBauchhenß, Dr. G., Rheinisches Landesmuseum Bonn
Beschreibung zu Abbildung 2
Kopf einer Frau, Sandstein, Höhe 32 cm. Nase, Kinn, Stirn und Haarsträhnen bestoßen; ein Teil des Diadems ist beschädigt. Die Frau, deren Gesichtsschnitt ähnlich ist wie der des Jünglings, trug eine reiche Frisur, die das Gesicht links und rechts in zwei dicken Lockenrollen rahmt. Am Hinterkopf ist das Haar gescheitelt und nach vorne gekämmt, es lösen sich aber im Nacken und an den Seiten reiche Lockensträhnen, die ursprünglich wohl bis auf die Schultern herunter hingen. Dort wo die Lockenrollen die Kopfvorderseite mit den den Hals begleitenden Haarsträhnen zusammentreffen, hängen kugelige Zierrate, die wohl Teile von Ohrgehängen waren. Den Kopf der Göttin bekrönt ein Diadem, dessen bandförmige Enden im Nacken geknotet sind. Über den oberen Rand des Diadems ragen einige Bossen mit quadratischer Grundfläche, an denen ein Zusatz an dem Diadem befestigt war.
Dr. G. BauchhenßBauchhenß, Dr. G., Rheinisches Landesmuseum Bonn