„Auf den Spuren der Ritter von Ederen“

Eine heimatgeschichtliche Exkursion

Die Ausflügler posieren auf der Burgtreppe

Ausflug zur Burg Ederenstein

Burg Ederenstein von der Wasserseite
Brunch in der Burg

Am Sonn­tag, den 25. August 2024 unter­nahm die Dorfge­meinschaft Ede­ren auf Ein­ladung der Inter­es­sengemeinschaft Edere­ner Runde eine Zeit­reise in die Ver­gan­gen­heit, auf den Spu­ren der Rit­ter von Ede­ren. Rund 50 Mit­bür­ger nah­men an einer Bus­tour zur Burg Ederen­stein im Ans­tel­tal, nordwest­lich von Kerk­rade (NL), teil.

Wir star­te­ten am Vor­mit­tag und erreich­ten nach einer dreivier­tel­stün­digen Fahrt bei herr­li­chem Sommerwet­ter Kerk­rade. Dort bot sich uns zunächst die Gelegen­heit, die nähere Umge­bung der Burg zu erkun­den. Gegen halb eins ver­sammel­ten wir uns im Groneveld-Saal im ers­ten Stock der Burg, benannt nach einem späte­ren Besitzer, zu einem aus­giebigen zwei­stün­digen Brunch. Der Saal war mit fünf großen, run­den Tischen für jeweils zehn Per­so­nen gedeckt, an denen reich­lich Platz für anregende Gespräche war.

Im Anschluss unter­nah­men die meis­ten Teil­neh­mer eine Wande­rung durch ein Wäldchen zum etwa 1,5 km ent­fern­ten, wieder auf­ge­bau­ten ehe­ma­ligen Gutshof. „Nieuw Ehren­stein“ beherbergt heute neben Woh­nun­gen eine große Bras­se­rie. Gegen 16 Uhr tra­ten wir schließ­l­ich die Rück­reise mit dem Rei­se­un­ter­neh­men Labudda aus Frei­al­den­hoven an.

Es folgt nun ein kurzer geschicht­li­cher Über­blick zu unse­rem Aus­flug, ähn­lich dem, den ich - Richard Reu­ters - wäh­rend der Reise gege­ben habe.

Wer tiefer in die Geschichte Ederens und Ederen­steins eintau­chen möchte, dem seien die im Artikel angegebe­nen Links zu den Artikeln empfoh­len.

Eine besondere Jubiläumsfahrt

Heimatbuch von 1982

Für mich persön­lich war die­ser Aus­flug eine Jubi­läumsfahrt. Denn vor genau 40 Jah­ren, im sel­ben Monat, fand bereits eine ähn­li­che Reise statt – allerdings in kleine­rem Rah­men und ohne üppiges Buf­fet, aber mit etwa 20 heimatge­schicht­lich inter­es­sier­ten Ederenern. Diese Fahrt wurde damals von mei­nem Vater, Fritz Reu­ters, anläss­lich der Ver­öff­ent­li­chung sei­nes Heimatbu­ches über Ede­ren orga­ni­siert. In die­sem Buch wurde erstmals die Ver­bindung zwi­schen Ede­ren und Ederen­stein einer breite­ren Öff­ent­lichkeit bekannt gemacht. Heute kann man das Buch in einer über die Jahre stark erwei­ter­ten Ver­sion hier auf die­ser Web­seite nach­le­sen.

[Link: Opens internal link in current windowFritz Reu­ters: Ede­ren - Die Geschichte eines Dor­fes im Jüli­cher Land]

Verbindung zwischen Ederen und Ederenstein

Urkunde von 1139. Erste Erwähnung Ederens.

Bei der Ankün­digung der Reise frag­ten sich viele: „Warum Kerk­rade?“ und „Was hat  die Burg Ederen­stein außer der Namens­ähn­lichkeit mit Ede­ren zu tun?“ Um das zu ver­ste­hen, müs­sen wir 900 Jahre in die Ver­gan­gen­heit zurück­bli­cken, zu den Rittern von Ede­ren.

In einer Urkunde des Erz­bischofs von Köln aus dem Jahr 1139, in der Ede­ren erstmals erwähnt wird, taucht ein Rit­ter Chris­tian von Ede­ren als Zeuge auf. Die Rit­ter von Ede­ren beglei­te­ten uns dann für die nächs­ten 350 Jahre durch die Zeit des aus­ge­hen­den Mit­tel­alters. Lei­der wis­sen wir nur wenig über das Leben der Edere­ner Rit­ter; über die Jahrzehnte hin­weg wer­den sie haupt­säch­lich in Urkun­den als Zeugen, Amts­män­ner oder Schöffen erwähnt. Der Stand­ort der Edere­ner Burg wird auf der Erhe­bung ver­mu­tet, auf der heute die Pfarr­kir­che steht, doch dies ist eher Speku­la­tion als gesi­cher­tes Wis­sen – auch wenn Reste der alten Pfarr­kir­che mit Schießschar­ten diese Ver­mu­tung nahelegen.

[Artikel: Opens internal link in current windowUrkunde von 1139 - erste Erwäh­nung Ederens]
[Artikel: Opens internal link in current windowDie katholi­sche Pfarr­kir­che zu Ede­ren]

Wappen von Adam von Ederen

Das Wis­sen über die Rit­ter von Ede­ren ändert sich mit dem Auf­tre­ten von Rit­ter Adam von Ede­ren um 1340. Er spielte eine wich­tige Rolle im Gefolge des Herzogs von Jülich und war an der Ent­ste­hung vie­ler bedeu­ten­der Ver­träge betei­ligt. Seit dem 13. Jahrhundert bil­de­ten die Rit­ter nach den Herzögen die oberste Schicht und hat­ten einen nicht zu unter­schätzen­den Einfluss.

Ich hatte einige Kopien alter Urkun­den in Origi­nalgröße mit­ge­bracht, die man in der Burg wäh­rend des Buf­fets betrach­ten konnte. Dar­un­ter befand sich auch eine beein­dru­ckende Urkunde eines Ehever­trags einer Toch­ter des Jüli­cher Herzogs, an des­sen Aus­fer­tigung Adam von Ede­ren betei­ligt war und unter der er sein Siegel gesetzt hat. Rechts sieht man das Wappen von Adam von Ede­ren.

[Artikel: Opens internal link in current windowRit­ter von Ede­ren]

Aus Adam von Ederen wird Adam von Ederenstein

1663 nennt sich Adam von Ederen "Adam von Ederenstein", siegelt aber noch als "Adam von Ederen"
Siegel des Adam von Ederen von obiger Urkunde

Im Jahr 1364, ein Datum, das uns auch auf der Tür zum klei­nen Adam-von-Ede­ren-Saal in der Burg begeg­nete, geschah etwas Unerwar­te­tes: Adam von Ede­ren zog nach Kerk­rade und erwarb dort ein teilweise von Was­ser umge­be­nes Stein­haus, das er Schloss Ederen­stein nannte. Bemerkens­wert daran ist, dass Ederen­stein auf Braban­ter Gebiet liegt, dem Hoheits­gebiet des Geg­ners sei­nes bishe­rigen Dienst­herrn, dem Herzog von Jülich. Was Adam dazu ver­anlasste, das Jüli­cher Gebiet zu ver­las­sen, ist lei­der nicht aus Urkun­den ersicht­lich. Vielleicht ver­suchte der Jüli­cher Herzog dadurch Einfluss auf den wich­tigen Handels­weg zwi­schen Rhein und Maas zu neh­men, der an Ederen­stein vor­bei­führte.

Adam nannte sich for­tan Adam von Ederen­stein. Woher wis­sen wir eigent­lich, dass Adam von Ederen­stein iden­tisch mit Adam von Ede­ren ist? Nun, in einer Urkunde ver­wen­det er zwar schon sei­nen neuen Namen, siegelt jedoch noch mit sei­nem alten Edere­ner Siegel als Adam von Ede­ren. Auch von die­ser Urkunde hatte ich eine Kopie in der Burg aus­ge­stellt.

[Artikel: Opens internal link in current windowUrkunde von 1363. Adam von Ede­ren nennt sich erstmals Adam von Ederen­stein]

Ederensteins Bedeutung in Brabant

Wie bereits kurz erwähnt, lag Ederen­stein an einem wich­tigen Handels­weg zwi­schen Köln und den flämi­schen Städ­ten wie Gent und Brügge und war berech­tigt, Weg­e­zoll zu erhe­ben. Weg­e­zoll klingt etwas nach „Weg­e­la­gerei“, doch tat­säch­lich war die Erhe­bung von Weg­e­zoll mit der Gewäh­rung von siche­rem Geleit der Kauf­leute durch das jewei­lige Gebiet ver­bun­den. Der Weg­e­zoll war sicher­lich eine gute Ein­nah­mequelle.

Adam konnte im Braban­ter Gebiet naht­los an seine bedeu­tende Rolle anknüpfen. Er war maßgeb­lich am Zustande­kom­men des Landfriedens zwi­schen Maas und Rhein betei­ligt, in dem die freie Pas­sage von Kauf­leu­ten zwi­schen Rhein und Maas geregelt wurde. Spä­ter gipfel­ten die wieder­hol­ten Ver­stöße des Herzogs von Jülich gegen die­sen Ver­trag in der Schlacht von Baes­weiler im Jahr 1371, die für Brabant mit einer Nieder­lage endete. Für die Braban­ter Seite sind noch Teil­nehmer­lis­ten die­ser Schlacht erhal­ten. Adam fin­det sich dort nicht. Vielleicht blieb er wegen sei­ner Ver­bindung zum Herzog von Jülich in die­ser Aus­ein­ander­setzung neu­tral.

[Artikel: Opens internal link in current windowDas Geschlecht 'von Ederen­stein' auf der gleich­na­migen Burkgin Kerk­rade]

Die Laten von Ederenstein

Zum Besitz von Ederen­stein gehör­ten Landgü­ter, die von etwa 30 abhängigen Bauern, soge­nann­ten „Laten“, bewirt­schaf­tet wur­den. Aus die­ser Zeit ist eine „Latenrolle“ erhal­ten, in der alle Abga­ben der Bauern an Ederen­stein ver­zeichnet sind. Rolle des­halb, weil das Ver­zeich­nis auf­ge­rollt war. Die Abga­ben waren jähr­lich zu St. Mar­tin fäl­lig. Tra­di­tionell wird ja auch Aus­schnitt aus der Latenrolle heute noch die Pacht an St. Mar­tin gezahlt. Es handelte sich bei den Abga­ben vor­wiegend um Natu­ralien wie Schweine, Gänse oder Hüh­ner, aber auch geschla­ge­nes Holz zum Hei­zen oder ein Fass Bier aus einer Braue­rei.

Ausschnitt aus der Latenrolle

Bemerkens­wert ist die Aus­füh­rung der Urkunde. Der erste Buch­stabe eines jeden Absat­zes (siehe Aus­schnitt) ist kunst­voll aus­ge­schmückt und zeigt manchmal ein Gesicht, das ver­mut­lich eine Karikatur des jewei­ligen Bauern dar­stellt.

[Artikel: Opens internal link in current windowDie Laten von Ederen­stein]

Nachfolge und spätere Besitzer Ederensteins

Adam von Ede­ren hatte einen gleich­na­migen Sohn, der jedoch meist „Daem“ genannt wurde. Er ver­wal­tete den Besitz schlecht und ver­pfän­dete um 1405 große Teile davon. Das letzte Lebens­zei­chen der Familie von Ederen­stein stammt aus dem Jahr 1446 von einem Die­trich von Ederen­stein.

Um 1450 wurde Ederen­stein von Heinrich von Gronsfeld erwor­ben. Im Laufe der Jahrhunderte wech­selte die Burg durch Hei­rat, Erb­schaft oder Ver­kauf viel­fach den Besitzer. 1903 erwarb der Franziskaner­or­den die Burg, die spä­ter als Obdach­lo­sen­un­terkunft genutzt wurde. 1942 ver­kaufte die deut­sche Besatzungs­macht die Burg an die Stadt Kerk­rade. Diese ließ das Gebäude mit Unter­stützung der staat­li­chen Denkmal­pflege für über eine Mil­lion Gulden restau­rie­ren und zu einer Kultur- und Begeg­nungs­stätte umge­stal­ten.

Heute wird die Burg von einer nieder­ländi­schen Hotel­kette als Restau­rant und Hoch­zeitslo­ca­tion genutzt.

[Artikel: Opens internal link in current windowDie Besitznach­fol­ger Ederen­steins]

Hotel Ederenstein und Nieuw Ehrenstein

Nieuw Ehrenstein, ehemals Lehen von Ederenstein und 20 Minuten Fußweg von Burg Ederenstein entfernt

Schräg gegenüber der Burg Ederen­stein befin­det sich das "Hotel Ederen­stein", das von der­sel­ben Hotel­kette betrie­ben wird und ein Restau­rant sowie eine Bar beherbergt. Es ist in einem umge­bau­ten Gutshof unter­ge­bracht.

Ein Kilome­ter ent­fernt liegt ein weite­rer alter Gutshof, der früher zu den Lehen von Ederen­stein gehörte. Das ver­fal­lene Gebäude wurde von der Stif­tung Limbur­ger Land zwi­schen 2015 und 2020 auf­wen­dig saniert und beherbergt heute neben meh­re­ren Woh­nun­gen eine große, sehens­werte Bras­se­rie, die – wie wir bei einem Besuch fest­stel­len konn­ten – auch unter der Woche gut besucht ist. Die Anlage nennt sich heute „Nieuw Ehren­stein“ und ist ein Besuch wert.

[Link: Opens external link in new windowHotel Kas­teel Eren­stein]
[Link: Opens external link in new windowRestau­rant Kas­teel Eren­stein]
[Link: Opens external link in new windowNieuw Ehren­stein]

Danksagung

Zum Schluss sol­len auch noch die Unter­stützer erwähnt sein: die Mit­glieder der IG Edere­ner Runde, die bei Pla­nung und Vor­be­rei­tung die Haupt­arbeit geleis­tet haben; die finan­zi­elle Unter­stützung durch die Landes­regie­rung NRW, ver­tre­ten durch den Kreis Düren als Bewil­ligungs­behörde; die Inde­land GmbH, ver­tre­ten durch die Stadt Lin­nich als eine ihrer Gesellschaf­ter; sowie durch eine freund­li­che private Spende unse­rer Bürgermeiste­rin Frau Schunck-Zen­ker.

[Artikel: Opens internal link in current windowInter­es­sengemeinschaft Edere­ner Runde]
[Link: Opens external link in new windowFörder­pro­gramm der Landes­regie­rung NRW]
[Link: Opens external link in new windowInde­land GmbH]

Eindrücke von der Fahrt





Adam-von-Ederen-Saal
Adam-von-Ederen-Saal
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